10. Mai/ Muttertag

10. Mai 2020 Arbeitskultur

Meilenstein Nr. 3: "Führen in Teilzeit"

Oft sind es Mütter, die einen Spagat vollführen, um berufliche und private Ziele zu vereinbaren. Trotz Fortschritten in Sachen Geschlechtergerechtigkeit verändert sich die Verteilung der Fürsorgearbeit zwischen den Geschlechtern nur langsam. Zwei wichtige Schritte zur „Mütter-Förderung“, so das FFP am Muttertag: die Etablierung neuer Formen der Arbeitsorganisation sowie die Auflösung althergebrachter Rollenmodelle.

„Wenn Mütter nicht länger den Hauptteil der Sorgeverantwortung übernehmen, bekommen sie neue Chancen, sich in der Arbeitswelt zu entfalten. Unter anderem können sie dadurch besser in Führungsverantwortung kommen“, so Corinna Schein, Wissenschaftlerin beim FFP und Autorin der Pilotstudie „Führen in Teilzeit NRW“. Die ungleiche Verteilung von Broterwerb und Fürsorgeaufgaben stellt unter anderem der DIW Wochenbericht 35-2019 deutlich heraus.
Währenddessen ist die Nachfrage nach Führungsmodellen, die sich jenseits der Vollzeit-Beschäftigung etablieren lassen, ungebrochen. Der „Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2019“ weist aus, dass sich bei Befragungen vor allem Frauen dafür aussprachen, dass Teilzeitmodelle für Führungspositionen wichtig seien. Diese Rückmeldung zeigt sich auch bei der Nutzung: 2017 arbeiteten laut „Unternehmensmonitor“ (Quelle: Eurostat (2019)) 17,3 Prozent der weiblichen Führungskräfte in Teilzeit, während es bei den Männern nur 3,3 Prozent waren.

Ansatzpunkt: Rollenbilder
FFP-Forscherin Corinna Schein bekräftigt, dass Teilzeit-Führungsmodelle sowohl für Väter als auch für Mütter salonfähig werden müssten. Schein: „Wenn die Teilzeit-Variante nur durch Frauen in Anspruch genommen wird, zementiert das Ungleichbehandlungen. In unserer heutigen Zeit muss es normal werden, dass Männer und Frauen gleichermaßen Führungs- und Sorgeaufgaben übernehmen. Die zumindest zeitweise Möglichkeit zur Teilzeitführung kann dies deutlich erleichtern.“

Ansatzpunkt: Sorgearbeit
Nachweislich eine grundlegende Bedingung für gleiche Chancen in der Arbeitswelt ist auch die faire Verteilung der Sorgearbeit (für Kinder, Angehörige und Schutzbefohlene) zwischen Männern und Frauen. In der aktuellen Familienpolitik-Agenda des Bundefamilienministeriums („Agenda 2030“) wird das unter „Partnerschaftlichkeit“ adressiert. „Hemmnisse gibt es nach wie vor auf vielen Seiten“, erläutert FFP-Wissenschaftlerin Corinna Schein. „Nicht zuletzt müssen sich auch die in der Gesellschaft vorherrschenden Leitbilder von Müttern und Vätern ändern – nicht nur verbal, sondern auch in den Köpfen.“

Ansatzpunkt: Arbeitsmodelle
Ein weiterer wichtiger Hebel neben der innerfamiliären Situation, so Schein, liege natürlich auch in der betrieblichen Personalpolitik. Konkret: in der Arbeitsorganisation. „Führungskräfte müssen nicht immer 60 Wochenstunden arbeiten und allzeit verfügbar sein“, sagt die Wissenschaftlerin, die diese Erkenntnis 2015 aus der Pilotstudie „Führen in Teilzeit NRW“ zog. Die Untersuchung, die auf einer quantitativen Online-Befragung und qualitativen Interviews mit Teilzeit-Führungskräften basierte, zeigte, dass Führungspositionen abseits von Vollzeit, überlangen Arbeitszeiten und ständiger Erreichbarkeit möglich sind. Hier, so Schein, machte es Sinn Arbeitszeitmodelle statt Einzelfalllösungen anzubieten und gleichzeitig eine entsprechenden Unternehmenskultur zu etablieren. Auch die Aufteilung von Führungspositionen – das sognannte Jobsharing – ist eine Maßnahme, die sich in der Vergangenheit bewährt hätte und zu der vielfältige Beispiele und Handreichungen für die Implementierung verfügbar sind.

„Führung in Teilzeit ist möglich und nötig“, ist auch Henning Stroers, Geschäftsleiter des FFP, überzeugt. Schon 2015 förderte die FFP-Forschung beachtliche Vorbildmodelle zu Tage. Allerdings bedürfe es einer Ausweitung der Forschung hinsichtlich der Rahmenbedingungen und Möglichkeiten für Führungspositionen in Teilzeit, so Stroers.
Corinna Schein resümiert: „Ein wichtiger Schritt hin zur Förderung von Müttern ist, dass nicht nur sie, sondern auch Männer häufiger in Teilzeit führen, damit sich dieses Modell etabliert und zur Normalität wird. Gleichzeitig können die Väter in dieser Situation Sorgeverantwortung übernehmen und auch dadurch Chancengleichheit voranbringen.“

Zurück